Asyl wird gewährt, wenn eine begründete Furcht vor Verfolgung aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Gründe (Verfolgung wegen Rasse, Religion, Nationalität, politischer Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe) glaubhaft gemacht werden kann.
2022 erhielten in Österreich 13.779 Menschen Asyl, das waren 1.748 mehr als im Vorjahr.
Die Personen, denen 2022 Asyl gewährt wurde, stammten aus 54 verschiedenen Herkunftsstaaten (inklusive Staatenlose). Zwei Drittel der Anerkennungen entfielen auf Geflüchtete aus Syrien.
Syrien war auch bereits 2021 und von 2014 bis 2017 der Herkunftsstaat mit den meisten Asylgewährungen in Österreich. Afghanische Staatsangehörige erhielten von 2000 bis 2002, 2012, 2013 und von 2018 bis 2020 am öftesten Asyl. Von 2003 bis 2011 bildeten Menschen aus der Russischen Föderation die größte Gruppe unter den neu anerkannten Flüchtlingen.
Von den insgesamt 13.779 rechtskräftigen Asylgewährungen 2022 erfolgten 11.331 (82 Prozent) in erster Instanz durch das BFA, 2.448 (18 Prozent) in zweiter Instanz durch das Bundesverwaltungsgericht. Der Großteil der in diesem Jahr neu anerkannten Flüchtlinge aus China, Syrien, Russland, der Türkei, Somalia sowie Staatenlose haben Asyl bereits in erster Instanz erhalten. AfghanInnen haben ihren Anerkennungsbescheid zu zwei Dritteln vom BFA, zu einem Drittel vom Bundesverwaltungsgericht bekommen. Asylberechtigten aus dem Iran ist der Asylstatus hingegen oft erst nach einem erfolgreichen Beschwerdeverfahren zuerkannt worden (wobei der negative Bescheid des BFA, gegen den Beschwerde erhoben wurde, bereits längere Zeit zurückliegen kann).
Fast drei Viertel der positiven Asylentscheidungen in erster Instanz betrafen syrische Staatsangehörige. Die meisten Asylgewährungen in zweiter Instanz gab es ebenfalls für Personen aus Syrien.
67 Prozent der Personen, die 2022 Asyl in Österreich erhielten, waren männlich, 33 Prozent weiblich. 2017 und 2018 war das Geschlechterverhältnis bei den Asylanerkennungen noch annähernd ausgeglichen gewesen.
Subsidiärer Schutz
Subsidiären Schutz erhalten Personen, denen zwar kein Asyl zugesprochen wird, deren Leben oder Sicherheit im Herkunftsland jedoch gefährdet ist (z.B. durch Krieg, Unruhen oder Folter).
2022 erhielten 5.675 Personen subsidiären Schutz in Österreich. 4.458 (79 Prozent) von ihnen waren männlich, 1.217 (21 Prozent) weiblich.
Am öftesten wurde subsidiärer Schutz an syrische Staatsangehörige vergeben. In den Vorjahren war stets Afghanistan der Staat mit der höchsten Zahl an Zuerkennungen von subsidiärem Schutz gewesen. Andere Herkunftsstaaten, bei denen dieser Schutzstatus häufiger erteilt wurde, waren der Irak und Somalia. Insgesamt erhielten in diesem Jahr Menschen aus 48 verschiedenen Staaten (inklusive Staatenlose) subsidiären Schutz.
80 Prozent der Zuerkennungen von subsidiärem Schutz wurden in erster Instanz erteilt. Fast allen subsidiär Schutzberechtigten aus Syrien und dem Jemen, die 2022 den Schutzstatus erhielten, wurde dieser in erster Instanz zugesprochen, bei AfghanInnen waren es 62 Prozent. Irakischen Staatsangehörigen wurde subsidiärer Schutz mehrheitlich erst nach einem Beschwerdeverfahren zuerkannt (die beeinspruchte ablehnende Entscheidung der ersten Instanz kann dabei bereits längere Zeit zurückliegen).
Von den in erster Instanz erteilten Zuerkennungen von subsidiärem Schutz entfiel der Großteil auf syrische Staatsangehörige, bei denen in zweiter Instanz auf Personen aus Afghanistan.
Humanitäre Aufenthaltstitel
"Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen" (im Folgenden auch als "humanitäre" Aufenthaltstitel bezeichnet) können unter verschiedenen Voraussetzungen erteilt werden, z.B. aus Gründen des Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (Schutz des Privat- und Familienlebens), nach einem Jahr mit einer Duldung, nach fünfjährigem Aufenthalt und nachhaltiger Integration oder für Opfer von Menschenhandel und Gewalt. Diese Aufenthaltstitel sind nicht auf Asylsuchende beschränkt.
In jedem Asylverfahren wird, wenn sowohl Asyl wie auch subsidiärer Schutz abgelehnt werden, durch das BFA noch geprüft, ob eine Ausweisung aufgrund des Schutzes des Privat- und Familienlebens dauerhaft unzulässig ist. Falls ja, wird ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt.
Insgesamt wurde 2022 2.531-mal ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gewährt, 1.537-mal (61 Prozent) männlichen, 994-mal (39 Prozent) weiblichen Personen. In 1.327 Fällen handelte es sich um Personen, die zuvor einen Asylantrag gestellt haben, in 1.204 um solche ohne Asylantrag.
Die meisten Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erhielten 2022 Menschen aus dem Irak und der Russischen Föderation. Dazu erhielten noch Personen aus 79 verschiedenen anderen Staaten einen "humanitären" Aufenthaltstitel.
Asylentscheidungen in erster Instanz
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) trifft die Entscheidungen in Asylverfahren in erster Instanz. Gegen Bescheide des BFA kann beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde erhoben werden. Ein Teil der Entscheidungen des BFA wird in Beschwerdeverfahren aufgehoben oder abgeändert.
Die außergewöhnlich vielen Asylanträge im Jahr 2022 führten auch zu einer hohen Zahl an Entscheidungen durch das BFA (89.437 Entscheidungen in Asylverfahren), gleichzeitig stiegen die offenen Verfahren von 19.529 Ende Dezember 2021 auf 46.811 am Jahresende 2022 deutlich an.
Das BFA hat in Asylverfahren 2022 16.480-mal eine schutzgewährende Entscheidung (Asyl, subsidiärer Schutz, humanitärer Aufenthalt) getroffen.
In 30.261 Fällen wurde das Asylansuchen abgelehnt. Ablehnende Entscheidungen sind Zurück- und Abweisungen. Eine Zurückweisung des Asylantrags erfolgt, wenn ein anderer EU-Staat, die Schweiz, Liechtenstein, Norwegen oder Island nach der Dublin-Verordnung für die Bearbeitung des Asylantrags zuständig ist bzw. dort bereits Schutz gewährt wurde, bei Drittstaatssicherheit oder bei unbegründeten Folgeanträgen. Abweisung bedeutet, dass bei einem Asylantrag nach inhaltlicher Prüfung sowohl Asyl wie auch subsidiärer Schutz und humanitärer Aufenthalt abgelehnt wurde.
Stark angestiegen sind die "sonstigen" Entscheidungen. Darunter fallen insbesondere Einstellungen von Verfahren, wenn eine Person nicht mehr auffindbar oder freiwillig ausgereist ist. Daneben gibt es noch in einigen wenigen Fällen Gegenstandslosigkeiten und Aussetzungen von Asylverfahren.
Fast die Hälfte der Entscheidungen des BFA waren 2022 sonstige Entscheidungen, 18 Prozent waren Schutzgewährungen und 34 Prozent Ablehnungen.
11.466 Personen wurde 2022 in erster Instanz der Asylstatus zugesprochen. Subsidiärer Schutz wurde vom BFA 4.829-mal gewährt, ein humanitäres Aufenthaltsrecht im Zuge des erstinstanzlichen Asylverfahrens 185-mal.
8.649 Asylanträge wurden vom BFA bereits im Zulassungsverfahren zurückgewiesen. In 21.612 Fällen endete das Asylverfahren nach inhaltlicher Prüfung mit einer Abweisung des Antrags. In 42.696 Verfahren wurde eine sonstige Entscheidung (meist Verfahrenseinstellung) getroffen.
In 43 Prozent der Entscheidungen, in denen auch inhaltlich geprüft wurde, ob eine Schutzbedürftigkeit gegeben ist (d.h. ohne sonstige Entscheidungen und Zurückweisungen), wurde ein Schutzstatus erteilt. Im Vorjahr lag der Anteil noch bei 67 Prozent.
Asylentscheidungen in erster Instanz nach Herkunftsstaaten
Das BMI veröffentlicht seit Anfang 2022 vierteljährlich eine detaillierte Statistik über Entscheidungen des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl. Die Entscheidungen nach Herkunftsstaat der AsylwerberInnen sind in drei Tabellen – positive, negative und sonstige Entscheidungen – aufgeteilt, wobei nur die 20 Staaten mit den meisten Entscheidungen in der jeweiligen Kategorie angeführt werden. Für Herkunftsstaaten, die sich nicht in allen drei Kategorien unter den Top 20 Staaten befinden, sind daher keine vollständigen Daten zu den Entscheidungen des BFA verfügbar und können daher in einigen der folgenden Grafiken nicht angeführt werden. Dazu gehören mit Indien, Tunesien, Marokko und Ägypten derzeit wichtige Herkunftsstaaten von AsylwerberInnen, weil es für diese Staaten nur wenige Schutzgewährungen gibt und sie daher nicht unter den Staaten mit den meisten positiven Entscheidungen aufscheinen.
Fast drei Viertel der Asylgewährungen durch das BFA entfielen auf SyrerInnen. Auch subsidiärer Schutz wurde am öftesten Personen aus Syrien gewährt.
Zurückweisungen von Asylanträgen, z.B. wegen Dublin-Zuständigkeit eines anderen Staates, betrafen weitaus am häufigsten afghanische Staatsangehörige. Die größte Zahl an abweisenden Bescheiden (nach inhaltlicher Prüfung) stellte das BFA für AsylwerberInnen aus Tunesien aus. Bemerkenswert ist die hohe Zahl von eingestellten Asylverfahren bei afghanischen Staatsangehörigen.
Die meisten Entscheidungen in Asylverfahren wurden vom BFA 2022 für Asylsuchende aus Afghanistan und Syrien getroffen. Syrische Staatsangehörige erhielten vom BFA großteils Asyl oder subsidiären Schutz. Bei AfghanInnen gab es zwar nur 10 Prozent Schutzgewährungen, jedoch mit 73 Prozent einen außerordentlich hohen Anteil an sonstigen Entscheidungen (v.a. Verfahrenseinstellungen wegen Weiterreisen) und ebenso eine beträchtliche Zahl an Zurückweisungen (z.B. Zuständigkeit eines anderen Staates).
Anmerkung: In der BFA-Detailstatistik sind keine vollständigen Daten u.a. für Indien, Tunesien, Marokko und Ägypten verfügbar.
Lässt man Zurückweisungen und sonstige Entscheidungen beiseite, bleiben jene Entscheidungen, in denen vom BFA auch inhaltlich geprüft wurde, ob Gründe für eine Schutzgewährung vorliegen oder nicht.
Fast alle AsylwerberInnen aus Syrien und aus Afghanistan erhielten nach inhaltlicher Prüfung ihres Antrags Asyl oder zumindest subsidiären Schutz. Staatenlosen und Personen aus Somalia wurde in rund 85 Prozent der Fälle ein Schutzstatus erteilt. Hingegen war bei Asylansuchen von Menschen aus Pakistan oder Bangladesch eine Abweisung des Antrags der Regelfall. Gleiches würde für AsylwerberInnen aus Indien, Tunesien, Marokko und Ägypten gelten, für die jedoch keine vollständigen Daten verfügbar sind.
Anmerkung: In der BFA-Detailstatistik sind keine vollständigen Daten u.a. für Indien, Tunesien, Marokko und Ägypten verfügbar.
Wenngleich SyrerInnen weiterhin in einem sehr hohen Ausmaß Asyl erhalten, ist zu beobachten, dass nun öfter auch "nur" subsidiärer Schutz gewährt wird. Bei Asylentscheidungen von somalischen Staatsangehörigen gab es ebenfalls einen Anstieg beim subsidiären Schutz bei einem gleichzeitigen Rückgang der Asylgewährungen.
Fast drei Viertel der Asylentscheidungen, die Personen aus Afghanistan betrafen, waren 2022 sonstige Entscheidungen. Abweisungen von Asylanträgen gab es kaum. Obwohl nur 10 Prozent der Entscheidungen insgesamt Schutzgewährungen waren, wurde in 97 Prozent der Fälle, in denen inhaltlich geprüft wurde (ohne Zurückweisungen und sonstige Entscheidungen) Asyl oder subsidiärer Schutz zuerkannt.
Bei den Asylverfahren von türkischen Staatsangehörigen gab es einen starken Anstieg der sonstigen Entscheidungen auf 87 Prozent.
Anmerkungen
Als Quellen für die verwendeten Daten wurden insbesondere die Asyl- und BFA-Detailstatistiken des BMI (abgerufen am 28.3.2023) und parlamentarische Anfragebeantwortungen herangezogen, ergänzt durch Daten aus den Jahresbilanzen des BFA und von Statistik Austria.
Die parlamentarischen Anfragen über die Entscheidungen des BFA für 2019 bis 2021 wurden zu einem Zeitpunkt beantwortet, als die endgültigen Daten für das jeweilige Jahr noch nicht vorlagen. Es handelt sich für diese Jahre um vorläufige Daten, die von den endgültigen geringfügig abweichen können.
Für die Zahl der Asylanerkennungen vor 2002 wurde auf Tabellen der Statistik Austria zurückgegriffen. Diese Tabellen wurden allerdings nur bis 2017 veröffentlicht und sind nicht mehr auf der Webseite der Statistik Austria abrufbar.