Asyl wird gewährt, wenn eine begründete Furcht vor Verfolgung aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Gründe (Verfolgung wegen Rasse, Religion, Nationalität, politischer Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe) glaubhaft gemacht werden kann.
Im ersten Halbjahr 2024 bekamen 9.831 Menschen in Österreich Asyl.
Die Personen, denen in diesem Jahr der Asylstatus zugesprochen wurde, kamen aus 47 verschiedenen Herkunftsstaaten (inklusive Staatenlose).
78 Prozent der Zuerkennungen von Asyl entfielen 2024 bisher auf Geflüchtete aus Syrien. Besonders viele Asylgewährungen für SyrerInnen gab es in den Jahren 2016, 2017 und 2023.
Die meisten positiven Asylbescheide für afghanische Staatsangehörige wurden 2018 erteilt. Seitdem nahm die Zahl der Asylgewährungen allerdings Jahr für Jahr ab. Menschen aus der Russischen Föderation bildeten von 2003 bis 2011 die größte Gruppe unter den neu anerkannten Flüchtlingen.
8.762 Asylgewährungen (89 Prozent) erfolgten in erster Instanz durch das BFA, 1.069 (11 Prozent) in zweiter Instanz durch das Bundesverwaltungsgericht. In der ersten Instanz betrafen 79 Prozent der positiven Asylentscheidungen syrische Staatsangehörige, in der zweiten 74 Prozent.
Knapp über die Hälfte der Personen, die im ersten Halbjahr 2024 Asyl erhielten, war weiblich.
In erster Instanz entfielen 2024 bisher zwei Drittel der Asylgewährungen auf Minderjährige. Der Anteil von weiblichen Erwachsenen lag bei 23 Prozent, jener der männlichen bei nur 8.
Subsidiärer Schutz
Subsidiären Schutz erhalten Personen, denen zwar kein Asyl zugesprochen wird, deren Leben oder Sicherheit im Herkunftsland jedoch gefährdet ist (z.B. durch Krieg, Unruhen oder Folter).
In den ersten sechs Monaten 2024 wurde 4.246 Menschen subsidiärer Schutz gewährt, davon waren 3.374 (79 Prozent) männlich und 872 (21 Prozent) weiblich.
Wie bereits in den beiden Vorjahren wurde auch im ersten Halbjahr 2024 subsidiärer Schutz am öftesten an syrische Staatsangehörige vergeben. Bis 2021 war Afghanistan der Staat mit der höchsten Zahl an Zuerkennungen von subsidiärem Schutz. Insgesamt erhielten 2024 bisher Menschen aus 34 verschiedenen Staaten (inklusive Staatenlose) subsidiären Schutz.
Die Gewährungen von subsidiärem Schutz erfolgten meistens (in 97 Prozent der Fälle) bereits in erster Instanz.
Humanitäre Aufenthaltstitel
"Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen" (im Folgenden auch als "humanitäre" Aufenthaltstitel bezeichnet) können unter verschiedenen Voraussetzungen erteilt werden, z.B. aus Gründen des Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (Schutz des Privat- und Familienlebens), nach einem Jahr mit einer Duldung, nach fünfjährigem Aufenthalt und nachhaltiger Integration oder für Opfer von Menschenhandel und Gewalt. Diese Aufenthaltstitel sind nicht auf Asylsuchende beschränkt.
In jedem Asylverfahren wird, wenn sowohl Asyl wie auch subsidiärer Schutz abgelehnt werden, durch das BFA noch geprüft, ob eine Ausweisung aufgrund des Schutzes des Privat- und Familienlebens dauerhaft unzulässig ist. Falls ja, wird ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt.
Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde von Jänner bis Juni 2024 695-mal gewährt, 410-mal (59 Prozent) männlichen, 285-mal (41 Prozent) weiblichen Personen. In 185 Fällen wurde der humanitäre Aufenthaltstitel infolge eines Asylverfahrens, in 510 ohne Zusammenhang mit einem Asylverfahren vergeben.
Personen aus 66 unterschiedlichen Herkunftsstaaten erhielten in diesem Jahr einen „humanitären“ Aufenthaltstitel, am öftesten davon serbische und russische Staatsangehörige.
Asylentscheidungen in erster Instanz
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) trifft die Entscheidungen in Asylverfahren in erster Instanz. Gegen Bescheide des BFA kann beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde erhoben werden. Ein Teil der Entscheidungen des BFA wird in Beschwerdeverfahren aufgehoben oder abgeändert.
Im ersten Halbjahr 2024 wurden vom BFA 22.419 Entscheidungen in Asylverfahren getroffen. Die Zahl der offenen Verfahren sank von 29.636 am Jahresbeginn auf 21.804 Ende Juni.
Schutzgewährende Entscheidungen in Asylverfahren sind Asyl, subsidiärer Schutz und Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (humanitärer Aufenthalt).
Ablehnende Entscheidungen sind Zurück- und Abweisungen. Eine Zurückweisung des Asylantrags erfolgt, wenn ein anderer EU-Staat, die Schweiz, Liechtenstein, Norwegen oder Island nach der Dublin-Verordnung für die Bearbeitung des Asylantrags zuständig ist bzw. dort bereits Schutz gewährt wurde, bei Drittstaatssicherheit oder bei unbegründeten Folgeanträgen. Abweisung bedeutet, dass bei einem Asylantrag nach inhaltlicher Prüfung sowohl Asyl wie auch subsidiärer Schutz und humanitärer Aufenthalt abgelehnt wurden.
Unter die "sonstigen" Entscheidungen fallen insbesondere Einstellungen von Verfahren, wenn eine Person nicht mehr auffindbar oder freiwillig ausgereist ist. Daneben gibt es noch in einigen wenigen Fällen Gegenstandslosigkeiten und Aussetzungen von Asylverfahren.
Im Vergleich zu 2023 ist der Anteil der Schutzgewährungen bei den Entscheidungen in erster Instanz im ersten Halbjahr 2024 von 29 auf 60 Prozent gestiegen. Der Anteil von ablehnenden Entscheidungen war mit 31 Prozent gleich wie im Vorjahr, jener der sonstigen Entscheidungen sank von 40 auf 9 Prozent.
Der Asylstatus wurde 2024 bisher in erstinstanzlichen Asylverfahren 9.086, subsidiärer Schutz 4.295 und ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen 96 Personen zugesprochen.
3.022 Asylanträge wurden vom BFA bereits im Zulassungsverfahren zurückgewiesen. In 4.007 Fällen endete das Asylverfahren nach inhaltlicher Prüfung mit einer Abweisung des Antrags. In 1.913 Verfahren wurde eine sonstige Entscheidung (meist Verfahrenseinstellung) getroffen.
In der Hälfte der Entscheidungen, in denen auch inhaltlich geprüft wurde, ob eine Schutzbedürftigkeit gegeben ist (d.h. ohne sonstige Entscheidungen und Zurückweisungen), wurde Asyl gewährt. Je ein Viertel waren Zuerkennungen von subsidiärem Schutz und Abweisungen von Asylanträgen.
Asylentscheidungen in erster Instanz nach Herkunftsstaaten
Das BMI veröffentlicht vierteljährlich eine detaillierte Statistik über Entscheidungen des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl. Die Entscheidungen nach Herkunftsstaat der AsylwerberInnen sind in drei Tabellen – positive, negative und sonstige Entscheidungen – aufgeteilt, wobei nur die 20 Staaten mit den meisten Entscheidungen in der jeweiligen Kategorie angeführt werden. Für Herkunftsstaaten, die sich nicht in allen drei Kategorien unter den Top 20 Staaten befinden, sind daher keine vollständigen Daten zu den Entscheidungen des BFA verfügbar und können daher in einigen der folgenden Grafiken nicht angeführt werden. Dazu gehören für 2024 zum Beispiel Indien und Marokko (keine Angaben zu Schutzgewährungen).
79 Prozent der Asylgewährungen und 73 Prozent der Zuerkennungen von subsidiärem Schutz durch das BFA entfielen auf SyrerInnen. Auch die meisten Zurückweisungen von Asylanträgen, z.B. wegen Dublin-Zuständigkeit eines anderen Staates, betrafen syrische Staatsangehörige. Die größte Zahl an abweisenden Bescheiden (nach inhaltlicher Prüfung) gab es bei AsylwerberInnen aus der Türkei und Marokko. Von Verfahrenseinstellungen (sonstige Entscheidungen) waren am öftesten türkische Asylsuchende betroffen.
Syrische Staatsangehörige, die aktuell die mit Abstand größte Gruppe unter den AsylwerberInnen in Österreich bilden, erhielten in diesem Jahr in erstinstanzlichen Entscheidungen zu 59 Prozent Asyl und zu 26 Prozent subsidiären Schutz.
Einen hohen Anteil an Abweisungen von Asylanträgen hatten Staatsangehörige Tunesiens, Pakistans und der Türkei aufzuweisen. Bei AsylwerberInnen aus Russland war eine hohe Quote an Zurückweisungen festzustellen.
Anmerkung: In der BFA-Detailstatistik sind keine vollständigen Daten u.a. für Marokko und Indien verfügbar.
Lässt man Zurückweisungen und sonstige Entscheidungen beiseite, bleiben jene Entscheidungen, in denen vom BFA auch inhaltlich geprüft wurde, ob Gründe für eine Schutzgewährung vorliegen oder nicht.
Der Großteil der syrischen und staatenlosen AsylwerberInnen erhielt nach inhaltlicher Prüfung ihres Antrags Asyl oder zumindest subsidiären Schutz. Auch afghanischen und somalischen Staatsangehörigen wurde meist ein Schutzstatus erteilt. Hingegen war bei Asylansuchen von Menschen aus Tunesien, Pakistan oder der Türkei eine Abweisung des Antrags der Regelfall.
Für Marokko und Indien sind zwar in der BFA-Statistik keine vollständigen Daten verfügbar, Schutzgewährungen für AsylwerberInnen aus diesen Staaten gab es jedoch nur selten: laut der BMI-Asylstatistik erhielten im ersten Halbjahr 2024 sechs Personen aus Marokko rechtskräftig Asyl und zwei subsidiären Schutz, aus Indien keine Asyl und zwei subsidiären Schutz.
SyrerInnen erhielten 2023 in 71 Prozent aller erstinstanzlichen Entscheidungen Asyl oder subsidiären Schutz, 2024 waren es 85 Prozent.
Der Anteil von sonstigen Entscheidungen ist insbesondere bei afghanischen und türkischen AsylwerberInnen im Vergleich zum Vorjahr massiv gesunken. Dadurch stieg bei AfghanInnen die Quote der Schutzgewährungen, bei TürkInnen hingegen jene der Abweisungen von Asylanträgen deutlich an.
Anmerkungen
Als Quellen für die verwendeten Daten wurden insbesondere die Asyl- und BFA-Detailstatistiken des BMI (abgerufen am 8.8.2024) und parlamentarische Anfragebeantwortungen herangezogen, ergänzt durch Daten aus den Jahresbilanzen des BFA, von Statistik Austria und Eurostat.
Die parlamentarischen Anfragen über die Entscheidungen des BFA für 2019 bis 2021 wurden zu einem Zeitpunkt beantwortet, als die endgültigen Daten für das jeweilige Jahr noch nicht vorlagen. Es handelt sich für diese Jahre um vorläufige Daten, die von den endgültigen geringfügig abweichen können.
Für die Zahl der Asylanerkennungen vor 2002 wurde auf Tabellen der Statistik Austria zurückgegriffen. Diese Tabellen wurden allerdings nur bis 2017 veröffentlicht und sind nicht mehr auf der Webseite der Statistik Austria abrufbar.