Vorbemerkung
Binnenvertriebene (auch Binnenflüchtlinge, intern Vertriebene, IDPs/Internally Displaced Persons) sind Personen, die aufgrund von bewaffneten Konflikten, allgemeiner Gewalt oder Menschenrechtsverletzungen gezwungen wurden, ihre Heimat oder ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort zu verlassen, dabei aber keine internationale Grenze überschritten haben (vgl. Guiding Principles on Internal Displacement, S.1, Absatz 2).
Nicht berücksichtigt sind in diesem Artikel Personen, die durch Natur- und vom Menschen verursachte Katastrophen innerhalb ihres Landes flüchten mussten.
Manche Vertreibungen sind vorübergehender Natur und die Personen können nach einiger Zeit wieder an ihren Wohnort zurückkehren. In anderen Fällen ist eine Rückkehr über längere Zeit oder dauerhaft nicht möglich. Vertriebene können in Flüchtlingslagern, bei Verwandten und Bekannten oder in anderen Dörfern und Städten Zuflucht gefunden haben. Viele von ihnen leben weiterhin unter äußerst prekären Bedingungen. Immer wieder kommt es auch vor, dass Personen mehrfach vertrieben werden.
Datenquellen für die Zahl von Binnenvertriebenen sind IDMC (Internal Displacement Monitoring Centre) und UNHCR. IDMC veröffentlicht Daten zur Zahl der intern Vertriebenen am Jahresende und zu den Vertreibungen während des letzten Jahres in allen Staaten. UNHCR stellt Daten zu Binnenvertriebenen am Jahresende und für das aktuelle Jahr auch zu Jahresmitte bereit – allerdings nur für Staaten, in denen UNHCR bezüglich Binnenflüchtlingen aktiv ist („IDPs of concern to UNHCR“). Die Angaben von IDMC und UNHCR weichen allerdings für einige Staaten deutlich voneinander ab (z.B. gab UNHCR für Ende 2023 die Zahl der IDPs in Kolumbien mit 6,9 Millionen an, IDMC mit 5,1 Millionen; in Afghanistan bei UNHCR 3,2 Millionen, bei IDMC 4,2 Millionen).
In diesem Artikel wurden für die Gesamtzahl der Binnenvertriebenen bis 2023 die Daten von IDMC verwendet, für 2024 eine Schätzung von UNHCR auf Basis der IDMC-Daten von 2023 und der bisherigen Veränderungen in den UNHCR-Daten im laufenden Jahr.
Für die Halbjahreszahlen zu intern Vertriebenen in einzelnen Staaten wurden für 2024 die Daten zu den Binnenflüchtlingen unter UNHCR-Zuständigkeit herangezogen. Für Staaten, zu denen es bei UNHCR keine Daten gibt (darunter Palästina, die Türkei und Indien), wurden die IDMC-Angaben von Jahresende 2023 verwendet.
Generell muss festgehalten werden, dass die tatsächliche Zahl von Binnenvertriebenen nur schwer festzustellen ist (siehe auch Anmerkungen). Alle Daten sind daher als Schätzungen zu betrachten.
Binnenvertriebene
Die Daten in diesem Abschnitt beziehen sich auf die Gesamtzahl der binnenvertriebenen Personen am Jahresende bzw. für 2024 Ende Juni. Das Ereignis, das die Vertreibung ausgelöst hat, kann bereits länger zurückliegen.
Veränderungen in der Zahl der Binnenvertriebenen im Laufe der Jahre sind auf neue Vertreibungen, die Rückkehr von Vertriebenen an ihren Herkunftsort und die Flucht von intern Vertriebenen ins Ausland verursacht. Es ist zu beachten, dass auch verbesserte Datenerfassungen zu einer Zu- bzw. Abnahme oder fehlende Aktualisierungen zu scheinbar gleichbleibenden Zahlen führen können.
Für die Jahre vor 1989 liegen keine und dann bis 2008 nur unvollständige Daten zu Binnenvertriebenen weltweit vor.
Zu Jahresmitte 2024 gab es nach Schätzung von UNHCR weltweit 72,1 Millionen Binnenvertriebene.
Ende Juni 2024 gab im Sudan 10,5 Millionen Binnenflüchtlinge, in Syrien, in der Demokratischen Republik Kongo und in Kolumbien jeweils rund 7 Millionen. In insgesamt 16 Staaten lag die Zahl der intern vertriebenen Personen über einer Million.
Der Sudan hatte bereits Ende 2022 3,5 Millionen Binnenvertriebene aufzuweisen. Durch die Kämpfe zwischen der sudanesischen Armee und der paramilitärischen RSF ab April 2023 stieg die Zahl der innerhalb des Landes vertriebenen Menschen bis Ende Juni 2024 auf 10,5 Millionen an.
Deutliche Zunahmen an intern Vertriebenen gab es im ersten Halbjahr 2024 auch in der DR Kongo (von 6,3 auf 7,0 Millionen), in Äthiopien (von 2,6 auf 3,2 Millionen) und in Myanmar (von 2,6 auf 3,2 Millionen).
Anmerkungen
Die Erfassung der Zahl der intern vertriebenen Personen ist mit besonderen Schwierigkeiten verbunden. In vielen Fällen existieren keine nationalen Statistiken zu Binnenvertriebenen. Die Daten stammen oft von internationalen und nationalen Organisationen, die in den jeweiligen Krisengebieten vor Ort sind. Der Zugang zu einigen Konfliktregionen ist jedoch manchmal aus Sicherheitsgründen nicht möglich. Vertreibungen einzelner Personen oder kleinerer Gruppen können oft nur schwer erfasst werden.
Die Genauigkeit der Daten hängt auch davon ab, ob und wie häufig diese aktualisiert werden. Insbesondere, wenn die Vertriebenen nicht in Flüchtlingslagern leben oder regelmäßig Hilfsleistungen erhalten, ist es schwierig nachzuverfolgen, was weiter passiert: ob sie etwa mittlerweile zurückgekehrt sind, ins Ausland geflüchtet sind, oder ob sie vielleicht gar nicht mehr die Absicht haben, an den Herkunftsort zurückzukehren.
Die Daten wurden am 25.10.2024 von der Webseite von UNHCR abgerufen.
Datenquellen:
- IDMC Global Internal Displacement Database
- IDMC 2024 Global Report on Internal Displacement
- UNHCR Refugee Data Finder
- UNHCR Mid-Year Trends 2024
Zusätzliche Informationen: