2021 wurden in Österreich 39.930 Asylanträge gestellt.
Insbesondere ab Juli 2021 stieg die Zahl der Asylansuchen stark an. Im November wurde mit 5.956 Anträgen der höchste Wert seit Jahresbeginn 2016 erreicht. Der Grund für den Anstieg dürfte darin liegen, dass Schutzsuchende, die sich zuvor längere Zeit in Griechenland und anderen Balkanstaaten aufgehalten haben, von dort weitergereist sind (v.a. über Ungarn). Auch die verstärkten Grenzkontrollen könnten ein Mitgrund für die gestiegenen Antragszahlen sein, weil Personen, die eigentlich nach Deutschland oder in andere Staaten wollten, nach einem Aufgriff durch Sicherheitskräfte in Österreich um Asyl ansuchten (vgl. Der Standard 30.7.21, Wiener Zeitung 18.10.21, Kurier 27.11.21).
Obwohl im Zeitraum von Anfang Juni bis Ende Dezember 2021 insgesamt 31.279 Asylanträge gestellt wurden, stieg die Zahl der AsylwerberInnen, die Leistungen aus der Grundversorgung (Unterkunft, Verpflegung, Krankenversicherung und andere Basisleistungen) erhalten haben, in diesem Zeitraum nur um 4.881 Personen an (von 12.371 auf 17.252). Zusammen mit der gestiegenen Zahl an eingestellten Asylverfahren deutet das darauf hin, dass nicht wenige Asylsuchende nach der Antragsstellung in Österreich in andere Staaten weitergereist sind.
95 Prozent der 2021 gestellten Asylansuchen waren Erstanträge, 5 Prozent entfielen auf Personen, die nach einer rechtskräftigen Entscheidung neuerlich einen Asylantrag gestellt haben. Von den 37.920 Erstanträgen erfolgten 2.463 im Rahmen von Familiennachzug, 3.082 wurden für in Österreich geborene Kinder von AsylwerberInnen und Schutzberechtigten gestellt.
Anmerkung: In der BMI-Asystatistik werden seit 2022 auch Zahlen zu Asylanträgen für in Österreich geborene Kinder von AsylwerberInnen und Schutzberechtigten (in der Statistik als "nachgeborene Kinder" bezeichnet; Daten ab 2021 verfügbar) und Daten über die Zahl der Asylanträge, die weder im Rahmen von Familiennachzug noch für in Österreich geborenen Kindern gestellt wurden ("originäre Asylanträge"; Werte in der Asylstatistik auf 5 gerundet und ab 2015 verfügbar) angegeben. Fehlende Daten wurden wenn möglich berechnet: Familiennachzug = Erstanträge minus "originäre" Anträge minus "nachgeborene" Kinder; Familiennachzug und in Österreich geborene Kinder = Erstanträge minus "originäre" Anträge.
Herkunftsstaaten
Die mit Abstand meisten Asylanträge wurden 2021 von syrischen Staatsangehörigen gestellt (41% aller Anträge), gefolgt von Personen aus Afghanistan (22%). Im Vergleich zum Vorjahr waren Pakistan, Bangladesch, Ägypten und Indien neu unter den 10 wichtigsten Herkunftsstaaten vertreten. Erstmals seit vielen Jahren nicht mehr dabei waren die Russische Föderation und der Iran.
Der Großteil (79%) der 2021 gestellten Asylansuchen entfiel auf Staatsangehörige eines asiatischen Staates (inklusive der Türkei).
Personen aus Syrien stellten im Oktober und November mit 2.663 bzw. 2.432 Anträgen die meisten Asylanträge. Die Monate mit den höchsten Asylantragszahlen von AfghanInnen waren November und Dezember (1.671 bzw. 1.508 Anträge). Kurzzeitig erhöhte Antragszahlen gab es von Menschen aus Bangladesch im August (382 Anträge) und aus Pakistan im September (321 Anträge).
3.619 Asylanträge (9% aller Anträge) wurden von Menschen gestellt, die aus einem im BFA-Verfahrensgesetz bzw. in der Herkunftsstaaten-Verordnung festgelegten "sicheren Herkunftsstaat" stammen, die meisten davon von MarokkanerInnen. In solchen Fällen ist ein beschleunigtes Asylverfahren vorgesehen. 720 Schutzansuchen (2%) entfielen auf Personen aus Staaten, die zur visumsfreien Einreise nach Österreich berechtigt sind, wie z.B. Staatsangehörige der Republik Moldau, Georgien oder die Ukraine.
Syrien und Afghanistan waren 2021 für Schutzsuchende beider Geschlechter die wichtigsten Herkunftsstaaten. Bei männlichen AsylwerberInnen waren Marokko und Pakistan die nächstwichtigsten Herkunftsstaaten, bei weiblichen Somalia und der Irak. Mehrfachanträge wurden am öftesten von afghanischen Staatsangehörigen gestellt. Die meisten der Personen, die über Familiennachzug nach Österreich gekommen sind, stammten aus Syrien, Afghanistan und Somalia.
Anmerkung: Die parlamentarische Anfragebeantwortung beruhte auf "vorläufigen" Daten des BMI (die Gesamtzahl der Asylanträge für 2021 wurde in den vorläufigen Daten mit 38.638 angegeben, in der endgültigen Jahresstatistik mit 39.930).
Unbegleitete minderjährige Asylsuchende
Der Anteil von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (UMF) unter allen AsylwerberInnen lag 2021 bei 14%. Von den insgesamt 5.605 UMF waren 286 unter 14 Jahre alt. 5.471 UMF waren männlich, 134 weiblich. Die meisten unbegleiteten Minderjährigen kamen aus Afghanistan oder Syrien.
Bei den hohen Asylantragszahlen von UMF ist jedoch zu beachten, dass viele von ihnen scheinbar in andere Staaten weitergereist sind. 2021 wurden laut einer parlamentarischen Anfragebeantwortung bereits im Zulassungsverfahren in 3.183 Fällen eine "sonstige Entscheidung" (was meist eine Verfahrenseinstellung aufgrund der Nichtauffindbarkeit der Person bedeutet) getroffen. Demgegenüber standen nur 1.279 Zulassungen von UMF zum Asylverfahren. Bei unbegleiteten Minderjährigen aus Afghanistan gab es 2.288 "sonstige Entscheidungen" bei lediglich 196 Zulassungen.
Der Großteil der von unbegleiteten Minderjährigen 2021 gestellten Asylanträge entfiel auf die zweite Jahreshälfte.
Asylsuchende nach Geschlecht und Alter
2021 waren insgesamt nur mehr 15 Prozent der Schutzsuchenden in Österreich weiblich. 2018 hatten Asylwerberinnen noch einen Anteil von 40% an den Gesamtasylanträgen. Das Fehlen von legalen Einreisemöglichkeiten für Geflüchtete und die immer gefährlicher werdenden Flucht- und Migrationswege begünstigen den hohen Anteil männlicher Asylsuchender. Beim Familiennachzug waren weibliche Personen mit 62% in der Mehrheit (vgl. Parl. AB 9531/GP27, S.2).
Während von 2017 bis 2019 das Verhältnis von minderjährigen zu erwachsenen AsylwerberInnen relativ ausgeglichen war, wurden 2021 sieben von zehn Asylanträgen von Erwachsenen gestellt.
Entscheidungen in Asylverfahren
2021 erhielten 12.031 Menschen in Österreich Asyl, 4.262 subsidiären Schutz und 3.130 einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen ("humanitärer Aufenthaltstitel").
Anmerkung: Bei den Zahlen zu den erteilten humanitären Aufenthaltstiteln sind auch Personen enthalten, die keinen Asylantrag gestellt haben. In der Asylstatistik des BMI wird erst seit 2020 zwischen Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, die im Zuge des Asylverfahrens, und solchen, die aus anderen Gründen erteilt wurden, unterschieden (2.660 Aufenthaltstitel wurden 2021 an Personen mit einem Asylantrag vergeben, 470 an solche ohne Asylansuchen).
Weit über die Hälfte (57%) der positiven Asylbescheide ging 2021 an syrische Staatsangehörige. Subsidiärer Schutz wurde am häufigsten an Schutzsuchende aus Afghanistan vergeben.
Offene Asylverfahren
Mit Stand vom 31.12.2021 waren 27.880 Asylverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen. Die Zahl der offenen Verfahren in 1. Instanz ist von 5.853 am Jahresende 2020 auf 19.529 angestiegen. Jene in 2. Instanz haben bis November 2021 kontinuierlich abgenommen, im Dezember war hingegen erstmals wieder eine geringe Zunahme zu beobachten. Einen markanten Zuwachs gab es bei den noch nicht entschiedenen Asylverfahren von syrischen Staatsangehörigen (von 2.820 Ende 2020 auf 10.558 Ende 2021).
Anmerkung: Bei den offenen Verfahren in 1. Instanz sind auch jene Verfahren inkludiert, die zwar bereits entschieden, aber noch nicht rechtskräftig sind.
Anmerkungen
Die im Text und in den Grafiken verwendeten Daten stammen aus den Monats- und Jahresstatistiken des BMI (abgerufen am 2.5.2022), ergänzt durch einige Daten von der Statistik Austria und von Eurostat. Die Zahlen zur Grundversorgung wurden verschiedenen parlamentarischen Anfragebeantwortungen entnommen.