Die im Folgenden vorgestellten Daten beziehen sich auf Asylentscheidungen in den aktuellen 27 EU- und den 4 EFTA-Staaten (Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein). Daten für das Vereinigte Königreich sind auch für die Zeit bis 2020, als es noch Teil der EU war, nicht inkludiert.
Als internationaler Schutz wird die Gewährung von Asyl (die Feststellung des Flüchtlingsstatus) oder subsidiärem Schutz bezeichnet. Die Rahmenbedingungen für die Zuerkennung von internationalem Schutz und mit dieser Zuerkennung verbundene Rechte sind in der Qualifikationsrichtlinie festgelegt. Die Umsetzung der Richtlinie erfolgt durch die nationalen Asylgesetze.
Wird im Artikel allgemein von Schutzgewährungen gesprochen, sind neben Asyl und subsidiärem Schutz auch noch die Gewährungen von humanitären Aufenthaltstiteln für AsylwerberInnen umfasst. Schutztitel aus humanitären Gründen sind nicht EU-weit geregelt. Die Kriterien für die Vergabe unterscheiden sich zwischen den einzelnen Staaten. In mehreren Staaten wurde ein solcher humanitärer Schutz entweder nie vergeben oder ist gesetzlich gar nicht vorgesehen.
Gewährungen von temporärem Schutz für Vertriebene aus der Ukraine aufgrund der Massenzustrom-Richtlinie werden hier nicht berücksichtigt, da in diesem Fall kein Asylverfahren stattfindet.
„Flüchtling“ [bezeichnet] einen Drittstaatsangehörigen, der aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder einen Staatenlosen, der sich aus denselben vorgenannten Gründen außerhalb des Landes seines vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts befindet und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht dorthin zurückkehren will und [keine Ausschlussgründe vorliegen].
Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie RL 2011/95/EU), Artikel 2 Buchstabe d
„Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz“ [bezeichnet] einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der die Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling nicht erfüllt, der aber stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass er bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland oder, bei einem Staatenlosen, in das Land seines vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts tatsächlich Gefahr liefe, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, und der den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Gefahr nicht in Anspruch nehmen will [und keine Ausschlussgründe vorliegen].
Als ernsthafter Schaden gilt:
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung eines Antragstellers im Herkunftsland
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts
Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie RL 2011/95/EU), Artikel 2 Buchstabe f und Artikel 15
Erstinstanzliche Entscheidungen umfassen alle von Asylbehörden in erster Instanz getroffenen Entscheidungen, unabhängig davon, ob dagegen eine Beschwerde erhoben wurde oder nicht. Als endgültige Entscheidungen werden Entscheidungen in Beschwerdeverfahren, gegen die kein (ordentliches) Rechtsmittel mehr möglich ist, bezeichnet.
In den Ablehnungen von Asylanträgen sind Zurückweisungen von Ansuchen aufgrund der Zuständigkeit eines anderen Mitgliedsstaates nach der Dublin-Verordnung nicht enthalten.
Anhängige Verfahren beinhalten alle noch nicht rechtskräftig entschiedenen Verfahren.
Unter Zurückziehungen von Asylanträgen fallen sowohl Fälle, in denen der/die AntragstellerIn die Behörde ausdrücklich über die Zurückziehung informiert hat, als auch Einstellungen von Verfahren durch die Behörde, weil die Person nicht zu Einvernahmen erschienen ist, wesentliche Informationen nicht vorgelegt, den zugewiesenen Aufenthaltsort ohne Genehmigung verlassen hat oder den Meldepflichten nicht nachgekommen ist.
Asylanträge und Asylentscheidungen
In der ersten Jahreshälfte 2024 wurden in den EU- und EFTA-Staaten 479.460 Erstasylanträge gestellt. Von den zuständigen Behörden erster Instanz wurden 387.450 Entscheidungen in Asylverfahren getroffen. Ende Juni 2024 waren in allen EU- und EFTA-Staaten zusammen 1,21 Millionen Asylverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen. 55.960 Asylanträge wurden zurückgezogen.
Schutzgewährungen und Ablehnungen
Der Flüchtlingsstatus wurde 2024 bis Ende Juni in den EU- und EFTA-Staaten 92.065 Menschen zuerkannt. Subsidiärer Schutz wurde 80.690-mal vergeben, humanitärer Schutz 34.425-mal.
Im den ersten sechs Monaten 2024 gab es sowohl mehr Schutzgewährungen wie auch mehr Ablehnungen als im Halbjahresdurchschnitt des Vorjahres.
24 Prozent der erstinstanzlichen Asylverfahren endeten 2024 bisher mit der Zuerkennung des Flüchtlingsstatus, 21 Prozent mit subsidiärem Schutz und 9 Prozent mit der Gewährung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen. Weniger als die Hälfte (47 Prozent) der Asylanträge wurde in erster Instanz abgelehnt.
Entscheidungen nach Geschlecht und Alter
Bei den Zuerkennungen von Asyl war der Anteil weiblicher Personen mit 43 Prozent deutlich höher, beim subsidiären Schutz hingegen mit 25 Prozent geringer als ihr Anteil bei den Asylanträgen und den in erster Instanz getroffenen Asylentscheidungen (32 Prozent).
Obwohl auf Minderjährige nur rund ein Viertel der Asylanträge und Entscheidungen entfielen, lag ihr Anteil bei den Asylgewährungen bei 43 Prozent.
Entscheidungen in einzelnen Staaten
Deutschland war in der ersten Jahreshälfte 2024 der Staat mit den meisten Asylanträgen, den meisten erstinstanzlichen Entscheidungen und auch den meisten noch anhängigen Verfahren.
Die höchste Zahl an Schutzgewährungen hatte 2024 bis Ende Juni Deutschland zu verzeichnen. Asyl wurde am öftesten in Deutschland und Griechenland gewährt. Beim subsidiären Schutz entfiel mehr als die Hälfte aller Zuerkennungen in den EU- und EFTA-Staaten auf Deutschland. Humanitärer Schutz wurde in größerer Anzahl nur in Spanien, Deutschland, Italien und der Schweiz vergeben.
Bezogen auf die Bevölkerungsgröße hatte Zypern die meisten Schutzgewährungen aufzuweisen. Asyl in Relation zur EinwohnerInnenzahl wurde am häufigsten in Griechenland gewährt.
Bei den Entscheidungen in erster Instanz waren Estland, die Schweiz und Bulgarien die Staaten mit den höchsten Quoten an Schutzgewährungen. Estland und Bulgarien hatten einen hohen Anteil an Gewährungen von subsidiärem Schutz (in Estland vor allem für UkrainerInnen, in Bulgarien für SyrerInnen) aufzuweisen. In der Schweiz wurde meist Asyl oder humanitärer Schutz zugesprochen. Viele Asylgewährungen im Verhältnis zu den gesamten Entscheidungen gab es in Griechenland und Irland, viele Zuerkennungen von einem humanitären Aufenthaltsstatus in Spanien. In Portugal gab es laut Eurostat bisher in diesem Jahr noch keine Schutzgewährungen.
Die folgende Grafik gibt den Anteil der Gewährungen von Asyl, subsidiärem und humanitärem Schutz und der Ablehnungen von Asylanträgen in den EU- und EFTA-Staaten wieder. Da es allerdings immer von den Hauptherkunftsstaaten von Asylsuchenden im jeweiligen Staat abhängig ist, ob mehr oder weniger Schutztitel erteilt werden, ist ein Vergleich der einzelnen Staaten untereinander wenig aussagekräftig.
In Deutschland, Österreich, den Niederlanden, Belgien, Bulgarien, Zypern, Schweden und Norwegen war Syrien der Herkunftsstaat mit den meisten Schutzgewährungen. AfghanInnen bildeten in Frankreich, Griechenland und der Schweiz die größte Gruppe unter den Personen, die einen Schutzstatus erhalten haben. In Spanien war der Hauptherkunftsstaat bei den Schutzgewährungen Venezuela, in Italien Burkina Faso, in Polen Belarus, in Irland Somalia und in Estland die Ukraine.
Der Flüchtlingsstatus wurde in Deutschland, Griechenland, Frankreich, der Schweiz, Italien und Schweden am häufigsten Personen aus Afghanistan zugesprochen, in Österreich, Belgien, den Niederlanden, Norwegen, Luxemburg und Dänemark Menschen aus Syrien. In Spanien war Nicaragua der Herkunftsstaat, für dessen Staatsangehörige am öftesten Asyl gewährt wurde, in Irland und Finnland Somalia und in Zypern Palästina.
Entscheidungen für Herkunftsstaaten
Daten zu Asylentscheidungen für Personen aus Palästina sind nicht für alle EU- bzw. EFTA-Staaten verfügbar (da sie in einigen Staaten zusammen mit AsylwerberInnen anderer Herkunft unter Kategorien wie „staatenlos“ oder „unbekannt“ geführt werden) und sind daher unvollständig.
2024 wurden bis Ende Juni die meisten Asylanträge von Personen aus Syrien, Afghanistan und Venezuela gestellt. Die meisten Entscheidungen in erstinstanzlichen Verfahren betrafen AsylwerberInnen aus Syrien, Afghanistan und der Türkei. Die größte Zahl an offenen Asylverfahren betrafen SyrerInnen, TürkInnen und KolumbianerInnen.
Die meisten Schutzgewährungen erhielten im ersten Halbjahr 2024 syrische und afghanische Staatsangehörige. Asyl wurde am öftesten AfghanInnen zugesprochen, subsidiärer Schutz SyrerInnen und humanitärer Schutz VenezolanerInnen.
AsylwerberInnen aus Syrien, Afghanistan, Eritrea, der Türkei, Somalia, dem Irak und dem Iran erhielten am öftesten in Deutschland Schutz. Spanien war der Staat mit den meisten Schutzgewährungen für Personen aus Venezuela. Für Asylsuchende aus der Ukraine, Haiti und dem Sudan gab es die höchste Zahl an Zuerkennungen eines Schutzstatus in Frankreich, für jene aus Palästina und dem Jemen in Griechenland und für jene aus Mali, Pakistan und Bangladesch in Italien.
Personen aus Afghanistan, Palästina und Staatenlosen wurde am öftesten in Griechenland Asyl erteilt. Für SyrerInnen war Österreich der Staat mit der größten Zahl an positiven Asylentscheidungen. Deutschland hatte von den EU- und EFTA-Staaten die höchste Zahl an Zuerkennungen des Flüchtlingsstatus bei Staatsangehörigen der Türkei, Eritreas, Somalias, des Irans und des Iraks aufzuweisen. Die meisten Asylgewährungen für Menschen aus Guinea, Russland, Côte d'Ivoire, der Demokratischen Republik Kongo und China gab es in Frankreich. Aus Burundi stammende AsylwerberInnen erhielten am häufigsten in Belgien Asyl.
Schutzquoten für Herkunftsstaaten
Im Folgenden werden zwei unterschiedliche Berechnungen für die Schutzquote (Anteil von Schutz an den gesamten erstinstanzlichen Entscheidungen) von Herkunftsstaaten herangezogen:
Schutzquote für internationalen Schutz: nur Gewährungen von Asyl und subsidiärem Schutz werden als Schutzgewährungen betrachtet, humanitärer Schutz hingegen gilt als Ablehnung des Asylantrags. Auf diese Schutzquote wird in den Verordnungen zur Reform des Europäischen Asylsystems bezuggenommen, wenn darüber gesprochen wird, dass für Staatsangehörige aus Herkunftsstaaten mit einer Quote von weniger als 20 Prozent bei den Gewährungen von internationalem Schutz ein Verfahren an den EU-Außengrenzen vorgesehen ist.
Schutzquote für alle Schutzgewährungen: auch humanitärer Schutz ist inkludiert
Es muss darauf hingewiesen werden, dass Personen, deren Asylantrag in erster Instanz abgelehnt wurde, nach einem Beschwerdeverfahren ein Schutzstatus erteilt werden kann. Die tatsächliche Schutzquote unter Einbeziehung der Entscheidungen in Beschwerdeverfahren wäre höher als jene, die nur erstinstanzliche Entscheidungen berücksichtigt, eine Berechnung ist aber aufgrund der Datenlage nicht möglich.
Die für Palästina angegebene Schutzquote entspricht der Schutzquote in jenen EU- und EFTA-Staaten, für die Daten verfügbar sind.
Von den Herkunftsstaaten mit den meisten Asylanträgen hatten im ersten Halbjahr 2024 Palästina, Syrien, die Ukraine, Burkina Faso und Eritrea die höchsten Schutzquoten für internationalen Schutz aufzuweisen, Indien und Venezuela die geringsten. Nimmt man die Gewährungen von humanitärem Schutz hinzu, haben auch Venezuela und Afghanistan eine Schutzquote von mehr als 80 Prozent.
AsylwerberInnen aus Palästina wurde in 87 Prozent der Entscheidungen Asyl zugesprochen. Syrische Staatsangehörige erhielten in erstinstanzlichen Asylverfahren meist einen Schutzstatus, am häufigsten allerdings nicht Asyl, sondern subsidiären Schutz. UkrainerInnen, die einen Asylantrag gestellt haben, bekamen großteils subsidiären Schutz. Personen aus Venezuela wurde (insbesondere in Spanien) oft ein humanitärer Aufenthaltsstatus gewährt. Bei AfghanInnen war ein hoher Anteil von Gewährungen von Asyl, aber auch von humanitärem Schutz festzustellen.
Anträge von AsylwerberInnen aus Georgien, Kolumbien, Marokko, Tunesien und Ägypten wurden zu 90 Prozent und mehr in erster Instanz abgelehnt.
Die Quote der Schutzgewährungen für Personen aus Palästina ist im Vergleich zu 2023 weiter angestiegen. Die Schutzquoten für Asylsuchende aus der Türkei, dem Irak oder Russland waren geringer als im Vorjahr.
Vergleicht man die Entscheidungen zu bestimmten Herkunftsstaaten in den verschiedenen EU- und EFTA-Staaten, sind große Unterschiede festzustellen. Für SyrerInnen lag die Schutzquote 2024 bisher in Spanien bei 49, in Zypern bei 99 Prozent (in Deutschland, dem Staat mit den meisten Entscheidungen, war die Quote 94 Prozent). AfghanInnen erhielten in Belgien zu 38 Prozent Schutz, in der Schweiz zu 99 Prozent. Personen aus Venezuela wird in Spanien fast immer ein humanitäres Aufenthaltsrecht gewährt, in Island hingegen werden die meisten Schutzansuchen abgelehnt. KolumbianerInnen hatten in Deutschland keine Chancen auf eine Schutzgewährung, in Italien jedoch zu 51 Prozent. Während in Österreich nur 6 Prozent der AsylwerberInnen aus der Türkei einen Schutzstatus zugesprochen bekamen, waren es in den Niederlanden 83 Prozent.
Anmerkungen
In den Asylstatistiken von Eurostat sind alle angegebenen Werte auf Vielfache von 5 gerundet.
Die bisherigen Jahreswerte für 2024 wurden aus der Summe der Quartalsdaten berechnet.
Da bei Berechnungen mit gerundeten Daten insbesondere bei kleinen Werten größere Ungenauigkeiten entstehen können, wurden bei einigen Grafiken Staaten mit nur einer geringen Zahl an Asylentscheidungen nicht berücksichtigt.
AsylwerberInnen aus Palästina werden in einigen Staaten extra ausgewiesen, in anderen jedoch werden sie (zusammen mit AsylwerberInnen anderer Herkunft) unter Kategorien wie „staatenlos“ oder „unbekannt“ geführt.
In den Grafiken dieses Artikels wurde für die Gesamtdaten in den EU- und EFTA-Staaten bezüglich der Herkunftsstaaten in den Eurostat-Daten die Kategorie „Insgesamt“ (alle Herkunftsstaaten) verwendet (im Data-Browser von Eurostat wird in der Standardansicht hingegen die Kategorie „Nicht-EU-Staaten“ angezeigt).
Die Daten werden von Eurostat laufend aktualisiert. Es ist daher möglich, dass die in den Grafiken verwendeten Zahlen (abgerufen am 12.10.2024) von den aktuell auf der Eurostat-Webseite angegebenen Werten geringfügig abweichen.